14. Cusanus-Konzert "In Paradisum"

In Musik gefasste Schönheit des Paradieses

Wieder einmal bietet das Bischöfliche Cusanus-Gymnasium Koblenz mit seinem 14. Cusanus-Konzert „In Paradisum“ einen musikalischen Höhepunkt in der Landschaft der Schulkonzerte; wieder einmal mit einem höchst anspruchsvollen Programm und professioneller Qualität. Am Donnerstag, dem 7.9.2017, wurde das alljährliche und inzwischen zur Tradition avancierte Konzert zu Ehren des Nikolaus von Kues erfolgreich beendet. Das Konzert in der Florinskirche Koblenz bildete dabei gleichermaßen Abschluss und Ernte einer fast einjährigen Vorbereitungsphase. Was dabei an aufwendiger Vorarbeit und Organisation durch die Leitung, bestehend aus Christa Molitor-Naunheim, Christian Rivinius und Wolfram Hartleif, geleistet wurde, erkennt man schon an der Anzahl der Teilnehmer. Ausführende waren: ein Chor der Klassen 6d und 8b, der Schulchor, der Cusanus-Projektchor „CantArte“, das Streicherensemble „FRISCH GESTRICHEN“ und sechs Solisten. Der gesamte Abend wurde hervorragend begleitet von Christian Rivinius an der Orgel. Dass diese Koordinierung und Einstudierung sehr gut gelang, zeigte das höchst ansehnliche, genauer: das äußerst hörenswerte Resultat.

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Der Abend stand ganz im Glanze französischer Sakralmusik des 19. und 20. Jahrhunderts mit Faurés Requiem als krönendem Abschluss. Ein Blick auf das Programm zeigte nicht nur einige der bekanntesten französischen Komponisten dieser Epoche (darunter Olivier Messiaen und Gabriel Fauré) und den damit verbundenen höchst anspruchsvollen Schwierigkeitsgrad, sondern auch die musikalische Richtung. Somit war das Konzert von jener heiligen Reinheit, von jener geistlichen und himmelstrebenden Geistigkeit und Immaterialität geprägt, die sakraler Musik so eigen ist. Es gab wohl keinen besseren Weg, den großen Theologen und Philosophen Nikolaus von Kues zu ehren. Mit der Koblenzer Florinskirche wurde dabei seit nun fast 14 Jahren nicht nur ein wirklich passender, sondern auch ein symbolträchtiger Ort gefunden. Die den meisten Kirchen eigene, hallende Akustik verstärkte wunderbar die frohlockende Leichtigkeit und Reinheit dieser sakralen Musik. Zugleich begann hier vor genau 590 Jahren Nikolaus von Kues' erster Arbeitstag als Dekan.

Sowohl die Solisten als auch der Chor boten mit allen Werken eine wirklich gute Leistung; insbesondere für Schulaufführungen haben die Cusanus-Konzerte mittlerweile ein außergewöhnliches Niveau erlangt. Zwar blieben einige wenige, unscheinbare Fehler nicht aus (so war z.B. der Schlussteil des Requiems ein wenig unsauber), das tat dem überragenden Gesamteindruck aber nicht im geringsten Abbruch. Um es zusammenzufassen: Kritik ist nur auf allerhöchstem Niveau möglich.

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Den Beginn machten einige kleinere Orgel- und Sakralwerke: Dabei sind vor allem die gesanglichen Leistungen der Solistinnen Birgit Girod mit Louis Viernes „Ave Maria“ (op.15) sowie Antonia Fresenius, Theresia Eicher, und Margareta Rembeck, alle drei Schülerinnen des Bischöflichen Cusanus-Gymnasiums, mit dem „Panis Angelicus“ von Camille Saint-Saëns hervorzuheben. Begleitet wurden sie vom Streicherensemble „FRISCH GESTRICHEN“.

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Es folgten Maurice Duruflés „Choral varié sur le Thème du Veni Creator“ und Olivier Messiaens Méditation VI („Dans le Verbe était la Vie et la Vie était la Lumière…“) aus dem Zyklus „Méditations sur le Mystère de la Sainte Trinité“. Beide Stücke haben Eines gemeinsam, sie zeigen den Einfluss des gregorianischen Chorals auf die französische Sakralmusik. Bei Duruflé ist dies die „Veni Creator“-Sequenz, bei Messiaen das Offertorium, Graduale und Alleluja zum Epiphaniasfest. Insbesondere Messiaens Werk ist in seiner Gestaltung interessant: Aus extrem dissonanten Passagen leuchtet immer wieder die reine, helle, geradezu verklärte Schönheit der gregorianischen Choralmotive auf. In diesem Kontrast zeigt sich in besonderer Konzentration die aufwärts drängende, himmelstrebende Wirkung. Genau in diesen Kontext passt ein Zitat von Olivier Messiaen selbst über den gregorianischen Gesang: Allein dieser habe „gleichzeitig die Reinheit, die Freude und die Leichtigkeit, die nötig sind für den Flug der Seele zur Wahrheit hin.“ Das Werk wird somit tönende Religiosität.

Kernstück und Krönung des musikalischen Abends wurde Gabriel Faurés Requiem. Hier ist die Leistung der beiden Solisten Viktoria Eicher (Pie Jesu) und Wolfram Hartleif hervorzuheben. Aber auch der große Chor und natürlich Christian Rivinius als Organist sowie Christa Molitor-Naunheim und Wolfram Hartleif als Dirigenten leisteten sehr gute Arbeit. Die Entscheidung, ein Requiem, also die Vertonung der Totensequenz, zum Höhepunkt des Abends zu erheben, mag verwundern. Diese legte sich aber schnell nach den ersten Minuten dieser wunderschönen Musik. Mozart wie Verdi stellen ins Zentrum ihres Requiems das „Dies Irae“, die Schilderung des Jüngsten Gerichts, die Angst vor der Rechtsprechung Gottes. Obwohl keine 15 Jahre nach Verdis Totenmesse entstanden, beschreitet Faurés Requiem vollkommen andere Wege. Die Musik bleibt immer wunderschön, hell, geradezu freudenvoll (nicht umsonst wird Fauré aufgrund der Harmonie und Schönheit seiner Werke „der französische Mendelssohn“ genannt). Nur ein einziges Mal bricht die Musik für einige wenige Takte aus. Das „Dies Irae“ entfällt bei Fauré fast vollständig, lediglich der letzte Vers bleibt erhalten: „Pie Jesu, Domine, dona eis sempiternam requiem.“ (Gütiger Jesus, Herr, gib ihnen ewige Ruhe): Nicht die Angst vor dem Zorn Gottes ist für Fauré zentral, sondern das Hoffen auf ewige Ruhe. Der Tod nicht als etwas Düsteres, sondern als freudvolle Erlösung. Dieses Verständnis des Todes zeigt sich auch im tonalen Aufbau. Beginnend mit d-Moll, wechseln die Tonarten immer wieder zu Dur, und das Requiem klingt nicht etwa in klagendem Moll aus, sondern in strahlendem Dur. Genau in diesen Kontext passen zwei Zitate, die Fauré selbst in Bezug auf sein Requiem sagte: „Mon Requiem a été composé pour rien… Pour le plaisir, si j’ose dire. (Mein Requiem wurde für nichts komponiert… Zum Vergnügen, falls ich es so sagen darf). Das zweite Zitat zeigt, wie sehr sich Faurés Einstellung zum Tod in seinem Requiem widerspiegelt: „So sehe ich den Tod: als eine freudvolle Erlösung, eine Erwartung von Glückseligkeit jenseits des Grabes, nicht als eine schmerzhafte Erfahrung.“ Schlussteil des Requiems bildete die Antiphon „In Paradisum“, namensgebend für das Konzert und eigentlich nicht liturgischer Bestandteil eines Requiems. Fauré vertont diesen Schluss in zartestem D-Dur. Und somit zeigte die Schönheit dieses Requiems vielleicht doch einen Teil des erlösenden Glanzes des Jenseits. Es war im wahrsten Sinne des Wortes vertonte Schönheit des Paradieses. Nicht mit einem Aufschrei, sondern im weichsten Pianopianissimo endete das Konzert. Das Publikum dankte es mit umso lauterem Applaus.

Maximilian Dazert

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