Romfahrt 2024
Mehr als 200 Schüler, Eltern und Lehrer machten sich während der Herbstferien auf in die „Ewige Stadt“ – zur 10. Pilger- und Studienfahrt des Bischöflichen Cusanus-Gymnasiums nach Rom. Nicht nur die Grabstätten der großen Apostel Petrus und Paulus befinden sich hier, auch die des Schulpatrons Nikolaus von Kues (1401-1464), des gelehrten Kardinals von der Mosel, der seine letzten Lebensjahre in Rom als enger Mitarbeiter des Papstes verbrachte. Notizen von einer beeindruckenden Reise, die nicht ohne Hindernisse verlief.
Treffpunkt Neversplatz am Koblenzer Bahnhof. Aufgeräumter Stimmung verladen 215 Romfahrer ihr Gepäck in die modernen Reisebusse der Firma Bohr. Mit Decke und Kissen bewaffnet für die Nacht, die Tupperdosen prall gefüllt und nicht ohne ein passendes Getränk im Handgepäck, richtet man sich ein für die 19-stündige Fahrt. Vorbei an Freiburg und Basel, geht es zu mitternächtlicher Stunde an eine ganz aus Holz konstruierte, um diese Zeit ohne die Koblenzer fast menschenleere Raststätte im Kanton Uri. Manch einer verschläft danach die lange Fahrt durch den Gotthard und auch den Fahrerwechsel bei Como. Zwischenhalt in Bologna, endlich: Vorüber die Nacht, warme Sonnenstrahlen grüßen die übernächtigten Pilger. Man reckt und dehnt und reibt sich die noch müden Augen. Gelegenheit für das eine oder andere Schwätzchen. Überraschend günstig gibt es den ersten italienischen Cappuccino an der belebten Raststätte und dazu ein Cornetto mit Nusscreme.
Weiter führt der Weg durch die Emilia Romagna vorbei an sanften Toskanahügeln. Mühsam arbeitet sich die Sonne durch den Vormittagsnebel. Rechts und links rauschen die Zypressenalleen und Weingüter vorbei. Hinter Arezzo hat die Sonne endgültig gewonnen, verschwunden der Nebel. Hoch auf vulkanischem Plateau thront die alte Etruskerstadt Orvieto – noch gut eine Stunde bis Rom. Die Stadt am Tiber grüßt die Pilger zur Mittagszeit mit strahlendem Sonnenschein. Über Primaporta, wie schon immer die Pilger aus dem Norden, fahren wir ein in die Stadt, durch das Gewirr der Randbezirke bis zur Villa Aurelia, zur Casa Pastor Bonus und zur Casa Preziosissima Sangue, den Herbergen der kommenden fünf Nächte. Ankunft um halb zwei, just in time für den Bezug der Zimmer.
Kurz geduscht, ein kleiner Imbiss und schon schwärmen 13 Gruppen aus zur ersten Erkundung des centro storico, geführt von engagierten und kundigen Lehrern, Eltern und Freunden des Cusanus-Gymnasiums. Viele Wege führen nach, aber auch durch Rom. Und so hatte jedes Führer-Duo für seine Gruppe eine eigene Route für die kommenden fünfeinhalb Tage entworfen. Die einen starteten am Pantheon, für andere standen gleich zu Beginn die Spanische Treppe und der Trevi-Brunnen auf dem Zettel, manche schafften es noch am ersten Abend durch die Schlange vor San Ignazio, bestaunten dort die illusionistische Pracht des barocken Deckengemäldes. Kolosseum und Forum Romanum folgten in den Tagen darauf. Für viele ein Muss der Blick durch das berühmte Schlüsselloch vom Aventin auf die Peterskuppel, der Besuch der Katakomben mit den frühchristlichen Grabfresken, draußen an der antiken Via Appia, und natürlich ein Abstecher ins Ausgehviertel Trastevere mit seinem
besonderen Flair.
Das drangvolle Geschiebe in den Vatikanischen Museen wollten nicht alle sich dieses Mal antun; sie zogen stattdessen die atemberaubenden Bernini-Skulpturen in der Villa Borghese vor. Gerne auch wurden die wartenden Reisebusse für Ausflüge in das Umland genutzt: Nach Castel Gandolfo (siehe eigenen Bericht), nach Tivoli zu den prachtvollen Gärten der Villa d´Este oder den gut erhaltenen Ruinen der Villa Adriana und natürlich in den
archäologischen Park der römischen Hafenstadt Ostia.
Castel Gandolfo und Grottaferrata
Ausführlicher Bericht zum Ausflug nach Castel Gandolfo und Grottaferrata
35 Millionen Besucher verzeichnete Rom im vergangenen Jahr – nie waren es so viele! Und im Heiligen Jahr (Motto: „Pilger der Hoffnung“), das Papst Franziskus für 2025 ausgerufen hat, dürften noch einmal 10 Millionen dazukommen. Rom rüstet und putzt sich dafür: Mehr als hundert Baustellen sollen bis Ende des Jahres fertig werden, kaum zu glauben! Neue Fußgängerzonen sind im Entstehen (z.B. in der Via Conciliazione) , ein Autotunnel wird gebaut, die Metro erweitert. Zahlreiche Kunstwerke waren leider „in restauro“, auch die Brunnen auf der Piazza Navona, auch der Bernini-Altar und die Pietà des Michelangelo im Petersdom.
Nicht enden wollende Menschenschlangen an den touristischen Hotspots, dichtes Gedränge in der Metro und den öffentlichen Bussen – wer als Besucher nach Rom kommt, braucht eine Menge Geduld und gute Nerven. Und sollte nicht glauben, schon mit dem Besitz eines vorher gebuchten Tickets sei die Eintrittsfrage abschließend geklärt. Wie viele verschiedene Arten es doch gibt, einen Einlass zu organisieren – man kann es in Rom studieren: Nichts geht am Kolosseum ohne die richtige Liste, mit Brief und Siegel und Namen der Gruppenleitung. Vergeblich das lange Anstehen zum Forum Romanum vor dem Titusbogen: vorne angelangt, heißt es unerbittlich, dass für Schulgruppen ausschließlich der Seiteneingang am Palatin bestimmt sei. Da hilft kein Verhandeln. Für die Vatikanischen Museen waren nur noch teure Slots mit Führung zu haben – doch bitteschön vorher die gebuchten Gruppen nach Schülern und erwachsenen Nicht-mehr-Schülern neu sortieren! In San Clemente – erfreulich wenig Andrang hier – ganz simpel ein Ticket an der Kasse erwerben? Undenkbar! Mit dem Smartphone sei ein Zeitslot zu buchen, beschied die wenig beschäftigte Dame. Ein Glück, wenn dafür die Kreditkarte zur Hand ist.
Und last, but not least, natürlich: San Pietro! Wer möchte, kann hier gleich drei Mal anstehen – für den Dom (mit Sicherheitsschleuse), für die Papstgräber und für die Kuppel. Und wer möchte das nicht?!
Schulpfarrer Dominic Lück kannte sich aus und wusste Rat, noch aus seinen hiesigen Studienzeiten. In aller Frühe buchte er für den Montag einen Gottesdienst im Petersdom, ganz vorne an der Cathedra Petri. Dankbar nahmen viele die Einladung an und gelangten so ohne Wartezeit, vorbei an den Touristen, in den Petersdom – und zu einem wundervollen geistlichen Tagesbeginn.
Überhaupt – die gemeinsamen Gottesdienste! Sie waren auch dieses Mal für viele die eigentlichen Höhepunkte der Romfahrt. Fast 50 Sängerinnen und Sänger hatten sich mit Wolfram Hartleif vorbereitet und inspirierende moderne Chorstücke einstudiert, für die das mitgebrachte Keyboard der passende Begleiter war. Unter seiner Leitung füllten sich die altehrwürdige Kirche Santa Prassede und die riesige Basilika San Paolo fuori le Mura mit
wundervollen Gesängen, an der Orgel übernahm Schulleiter Carl Josef Reitz die Gemeindebegleitung.
Assistiert von den Diakonen Dr. Stefan Kranz und Sebastian Mählmann zelebrierten Domkapitular Mons. Ottmar Dillenburg, unser vormaliger Schulpfarrer, und Jugendpfarrer Dominic Lück die beiden Gottesdienste.
„Wie kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr?“ fragte Monsignore Dillenburg im Anschluss an das Evangelium des Eröffnungsgottesdienstes (Mk 10,17-30). Eigentum, so die Botschaft, dürfe nie in Abhängigkeit führen, „nicht fesseln und lähmen“. Es gelte, darüber nachzudenken, „was von all dem, was mir so wichtig scheint“, dem Leben wirklich diene. „Ich bin davon überzeugt, je mehr es uns gelingt, unseren Alltag mit Liebe im Herzen zu gestalten, umso mehr werden wir in guter Weise mit Geld und Besitz, mit Gewohnheiten und Sehnsüchten umgehen.“
Viele tausend Pilger waren zur Papstaudienz auf dem Petersplatz gekommen. Auch wir reihten uns ein in die hunderte Meter lange Schlange vor den Sicherheitskontrollen. Gerade noch rechtzeitig zur Begrüßung der deutschsprachigen Gruppen schafften es die ersten von uns um kurz vor neun ins Innere der Kolonnaden. Früher als gedacht fuhr das Papamobil durch die Reihen. Übergroß wurde der freundlich winkende Franziskus auf die riesigen Bildschirme übertragen. Im langsamen Slalom bewegte sich das weiße Gefährt mehrmals kreuz und quer über den Petersplatz, und so konnten auch wir dem Heiligen Vater zwei Mal aus der Nähe zuwinken.
Menschen aus aller Herren Länder jubelten ihm zu. Längst haben Trachtengruppen aus Südamerika und mexikanische Mariachi-Bands die bayerischen Schuhplattler und Blaskapellen früherer Jahre abgelöst. Weltkirche live!
In seiner kurzen Ansprache meditierte der Papst über den Heiligen Geist. Bemerkenswert seine Worte zum ökumenischen Dialog zwischen den christlichen Konfessionen. Die „Härte der Vergangenheit“ habe dieser Dialog heute verloren, so der Papst. Dies lasse hoffen auf eine volle gegenseitige Akzeptanz: „Unter Christen gibt es viele Unterschiede: der eine ist von dieser Schule, der andere von jener; der eine ist protestantisch, der andere... Wichtig ist, dass diese Unterschiede versöhnt werden, in der Liebe des gemeinsamen Weges.“ Das Wort von den „versöhnten Unterschieden“ ließ aufhorchen. Besonders mitgereiste evangelische Pilger freuten sich darüber sehr.
Ganz praktisch lebten unsere Schülerinnen und Schüler die „versöhnten Unterschiede“ in Rom. Viele versammelten sich an den Abenden am Kolosseum zum Happening mit jungen Leuten aus anderen Ländern. Höhepunkt war eine ausgelassene deutsch-polnische Polonaise bei italienischer Straßenmusik zu später Stunde. Für viele war das Gemeinschaftsgefühl dieser Tage das schönste Erlebnis dieser Pilgerfahrt:
„Das Gefühl, als Schulgemeinschaft raus aus dem Schulalltag zu kommen und sich in einem vollkommen anderen Umfeld zu erleben und durch eine fremde Stadt zu laufen, wobei man ständig auf bekannte Gesichter stößt, hat mir besonders gut gefallen. Das war für mich auch das, was die Fahrt letztlich ausgemacht hat.“ (Sophia, MSS 13)
Schülerstatements
Schülerstatements zur Romfahrt 2024
„Die Romfahrt war aber auch deshalb so eine besondere Fahrt wegen der vielen tollen Menschen, die diese Fahrt mitgeprägt haben, denn mit den richtigen Menschen ist es ja bekanntlich noch einmal schöner, eine neue (alte) Stadt zu entdecken. Als eine Person, die sich generell mit der katholischen Kirche als Institution eher schwer tut, fand ich es bereichernd, dass auch aus diesem christlichen Ursprung eine so schöne Gemeinschaft aller Altersgruppen erwachsen konnte, die aufeinander achtet, sich wertschätzt und gleichzeitig den Spaß an der Sache nicht vergisst.“ (Klara, MSS 13)
„Mein persönliches Highlight ist wahrscheinlich der letzte Abend, den wir mit unserer Jugendgruppe verbracht haben. Wir haben ein letztes Mal das Zusammensein gefeiert, gute und tiefgründige Gespräche geführt und wahnsinnig viel zusammen gelacht“. (Emma, MSS13)
Im gemeinsamen Abschlussgottesdienst in Sankt Paul vor den Mauern, draußen in Ostiense, dankte Schulleiter Reitz allen, die zum Gelingen dieser eindrucksvollen Fahrt ihren Beitrag geleistet hatten: den 26 engagierten Führerinnen und Führern, den Zelebranten Mons. Ottmar Dillenburg und Dominc Lück, den Diakonen Dr. Stefan Kranz und Sebastian Mählmann (auch für die Gestaltung des gelungenen Pilgerheftes), dem hervorragenden Chorleiter Wolfram Hartleif, den Sängern, den Messdienerinnen, den Busfahrern und nicht zuletzt der unermüdlichen Organisatorin Martina Maßmann von Bohr Reisen/Lautzenhausen. „Niemand steigt zwei Mal in denselben Fluss“, zitierte er den griechischen Philosophen Heraklit. „Für uns gilt heute: Niemand steigt zwei Mal in denselben Bus. Denn es hat sich etwas verändert in den letzten Tagen. Wir haben uns verändert. Die Erlebnisse und
Begegnungen, die Worte und die Musik haben etwas mit uns gemacht. Nehmen wir das mit auf die Rückreise und mit in unseren Alltag!“
„Finalmente si comincia – am Ende fängt es erst an“. Diesen Spruch machte Schulpfarrer Dominic Lück zum Thema seiner abschließenden Predigt: „In jedem Ende steckt ein neuer Anfang. Wir bleiben Anfangende. Immer. So endet die Wallfahrt nach Rom auch nicht mit dem letzten Gottesdienst, sondern sie geht weiter mit all den Erfahrungen, die wir gemacht haben. Mit den Fragen, die sich uns gestellt haben. Mit dem, was wir erlebt und was sich uns gezeigt hat. Wir bleiben Suchende und Anfangende auf dem Weg des Lebens und Glaubens.“ Nach den letzten Orgelklängen schlenderten alle noch zum gemeinsamen Abschlussfoto vor der riesigen Basilika. Die Busse standen bereit, und alle ließen sich erschöpft und übervoll mit Erinnerungen in die Sitze fallen zur nächtlichen Fahrt zurück über die Alpen.
Hier hätte dieser Bericht enden können, doch leider verlief der Rückweg nicht so glatt wie die Hinfahrt. Denn das Wort des Schulleiters „Niemand steigt zwei Mal in denselben Bus“ sollte sich in dieser Nacht noch auf unerwünschte Weise bewahrheiten. Auf dem Weg durch die Schweiz gaben zwei der vier eingesetzten Busse den Geist auf. Da half auch alles Bemühen der technisch versierten Busfahrer nichts: bei dem einen Gefährt versagte die Lichtmaschine, der andere Bus hatte Benzin statt Diesel zu schlucken bekommen – warum auch immer. Hektische Betriebsamkeit setzte ein, es wurde telefoniert und geschrieben, doch die beiden Reisebusse waren auch mit technischer Hilfe nicht mehr ins Rollen zu bringen. Ein Abschleppdienst musste bemüht werden, Ersatzbusse von einem nahen Reiseunternehmen wurden organisiert und die übermüdeten, vor wenigen Stunden noch fröhlichen Rompilger mussten mit Sack und Pack umziehen – und das für einige sogar noch ein zweites Mal, denn bei Karlsruhe übernahm ein eilig geschickter Ersatzbus der Firma Bohr wieder für einen Teil der Gruppe den Rücktransport, der sich für die Insassen zu einer 24-stündigen „Tor-tour“ ausdehnte.
Doch wie so oft: Die wahre Stärke einer Gemeinschaft zeigt sich in der Krise. Per Messenger gingen viele gute Wünsche und Zeichen der Anteilnahme zwischen den vier Bussen hin und her. Und als alle wieder glücklich einen fahrbaren Untersatz hatten, griff Frau Mählmann zur Gitarre und zog das passende Stück aus der Notenmappe: „Country road, take me home“. Der ganze Bus stimmte mit ein.
Carl Josef Reitz