Exkursion des Lateinleistungskurs der MSS12 nach Mainz
Der Latein Leistungskurs der MSS 12 besuchte am Donnerstag, den 04.07., im Rahmen einer Exkursion die Stadt Mainz und die bedeutendsten Relikte aus ihrer römischen Historie. “Mogontiacum” - so nannte man das heutige Mainz zu römischer Zeit, dessen jahrhundertelange Zugehörigkeit zum Römischen Reich zahlreiche Spuren hinterließ. Von den ersten Ansiedlungen unter dem Feldherrn Drusus bis hin zur Rückeroberung durch feindliche Stämme durften wir uns am Geschichtsverlauf der bedeutungsvollen Stadt erfreuen.
Angesichts der Planung und Vorbereitung der Exkursion suchte jeder Schüler des Leistungskurses eine Sehenswürdigkeit der Stadt aus, um dessen Bedeutung und Vergangenheit im Gefüge der Römischen Stadt jeweils kurz vorzutragen. Dabei übernahmen wir zugleich abwechselnd die Routenführung, um die vorgenommenen Zielpunkte auf schnellstmöglichem Wege zu erreichen - schließlich durfte es aufgrund des geplanten Pizzaessens zuletzt nicht an Zeit fehlen.
Nach der einstündigen Zugfahrt erreichten wir zunächst den Mainzer Hauptbahnhof. Als ersten Zwischenstopp wurden hierbei die Römersteine, stammend von einer römischen Wasserleitung (Aquädukt), gewählt. Ein hervorzuhebendes Element des römischen Mainz sind sie vor allem, da sie für die Wasserversorgung des römischen Legionslagers auf dem Kästrich (castrum -> Lager) zuständig waren. Umso faszinierender ist es, noch heute auf die
Überreste von 69 Pfeilern zu blicken und zu versuchen, die römische Ingenieurskunst und ihre Konstruktion nachzuvollziehen. Dass der größte Teil des Fundaments nicht mehr vorhanden ist, lässt sich auf zahlreiche Spolien - also den Raub der Steine als Baumittel für neue Gebäude - zurückführen.
Danach führte uns der Weg zur katholischen Pfarrkirche Sankt Stephan. Hier befassten wir uns vor allem mit den bekannten Fenstern des französischen Künstlers Marc Chagall. Als Zeichen der französisch-deutschen Annäherung nach dem 2. Weltkrieg und zugleich der christlich-jüdischen Verbundenheit entwarf der jüdische Marc Chagall im Jahre 1979 die ersten Fenster. Auch wir durften beim Anblick der Fenster von innen ihren außergewöhnlichen Blauton erfahren, der jährlich über 200.000 Touristen anzieht. Der Drususstein, den wir als nächsten Zwischenstopp anvisierten, ist ein Kenotaph (leeres Grabmal) für den römischen Feldherren Drusus. Rekonstruktionsversuche zeigen, dass es sich bei dem massiven Zementblock nur um einen geringfügigen Bruchteil des einst wohl noch beeindruckenderen Grabmals handelt. Drusus, dem man das Grabmal widmete, war Stiefsohn des Augustus, Bruder des späteren Kaisers Tiberius und Verantwortlicher für das Legionslager Mogontiacum im heutigen Mainz. Der ruhmreiche Feldherr starb jedoch bereits mit 29 Jahren, als er im Rahmen eines Feldzuges vom Pferd fiel. Auf Geheiß seines Bruders Tiberius wurde sein Leichnam zurück nach Rom gebracht, doch Drusus’ Gefolgschaft wollte ihm dennoch ein Denkmal an seiner eigentlichen Wirkungsstätte setzen. Wenige Schritte weiter durften wir uns an den Überresten des Römischen Bühnentheaters erfreuen. Auch wenn das Ambiente - so waren wir uns zumindest einig - ohne den angrenzenden Bahnhof ein eindrucksvolleres wäre, boten die Überreste einen aufschlussreichen Einblick in das römische Kulturleben. Das Bühnentheater garantierte Platz für 10.000 Zuschauer, was sich angesichts der durch die militärische Ansiedlung florierenden Stadt und der kulturellen Bedeutung solcher Bühnentheater als notwendig erwies.
Beim Anblick des Mainzer Doms wurde auch uns die beeindrückende Größe und Majestät des Bauwerkes bewusst. Im Jahre 975 legte Erzbischof Willigis den Entwurf für den Bau des Doms vor, dessen überwältigende Maße noch heute hunderttausende Besucher jährlich in Staunen versetzen. Das Selbstverständnis eines “Zweiten Roms” im antiken Mainz äußert sich nicht nur in dem Ausmaße des Bauwerks, sondern wird auch durch den im Westen aufgestellten Hauptaltar deutlich. Angesichts der zeitlichen Einordnung ist das Bauwerk geprägt von einem romanischen Baustil. Dieser hatte besonders im Vergleich mit einer zuvor besuchten, aus dem Rokoko stammenden, Kirche eine beeindruckende Wirkung.
Während wir zunächst auf eine Stadtführung verzichteten, da wir uns durch die vorbereiteten Kurzvorträge die nennenswerten Informationen zu den einzelnen Monumenten eigenständig aneigneten, nahmen wir zuletzt an einer informativen Rundführung des gemeinsamen Heiligtums der Isis und Magna Mater teil. Bei Bauarbeiten für eine Tiefgarage der Einkaufsgalerie “Römerpassage” wurden im Jahre 1999 Relikte des antiken Heiligtums
entdeckt, die nun im Zusammenhang mit weiteren Funden in der von uns besuchten Ausstellung aufbewahrt werden. Der Kult der Isis stammt aus Ägypten, während die Magna Mater, ursprünglich aus Kleinasien stammend, in der Antike als Götting Kybele verehrt wurde. Mit der Ansiedlung des Legionslagers auf dem Kästrich fand ein Transfer solch fundamentaler kultureller Elemente der römischen Gesellschaft statt. In dem Sinne wird
davon ausgegangen, so veranschaulichte es der ehrenamtliche Museumsführer, dass das ausgegrabene Heiligtum nur als ein Teil eines ganzen “Sakralbezirkes” aus dem 1. Jahrhundert nach Christus zu verstehen ist. Geboten wurden uns tiefgründige Einblicke in den historischen Verlauf des römischen Mainz, so dass wir den Geschichtsverlauf von der Gründung des ersten Legionslagers bis zur Rückeroberung durch eindringende Germanen und weitere Stämme kennenlernen durften.
Für Schmunzeln und Faszination sorgten auch die ausgegrabenen Fluchtäfelchen, in denen Menschen aufgrund von Neid oder persönlichen Differenzen verwünscht werden. Dass diese “Hexerei” nach römischem Recht als verboten galt, hielt wohl nur die Wenigsten auf, denn in der Kultstätte war man ja für sich. “Prima Aemilia Narcissi agat quidquid conabitur quidquid aget omnia illi inversum sit” (Was immer Prima Aemilia, Gebliebte des Narcissus, versuchen wird, was immer sie tun wird, verkehrt sein soll ihr alles)
Die Rundführung des Heiligtums von Isis und Magna Mater brachte großes Interesse an der römischen Kultur hervor, was zugleich durch die kompetente und gewitzte Erzählweise des ehrenamtlichen Museumsführer zum Ausdruck kam. Auch das bereits Gelernte wurde hier nochmal verbildlicht und mit verifizierendem Kopfnicken aufgenommen. Nach mehr als sechs gelaufenen Kilometern und einigen Stunden aufmerksamen Lernens schwebte zweifellos die Vorfreude auf das geplante Pizzaessen in allen Gemütern. In diesem Sinne saßen wir kurz darauf für eine Pizza und ein kaltes Getränk in der nun ersehnten Taverne. Gespräche über Kursfahrten, Fußball, den allgemeinen Schulalltag, die Erfahrungen der Exkursion und unübliche Debatten über das Genus des Wortes “Megalodon” sorgten für heitere Stimmung.
Nachdem wir uns an tiefgreifenden Eindrücken römischer Kultur und einem abrundenden Zusammensein im Restaurant erfreuen durften, traten wir schließlich die Heimreise an - in der Vorfreude auf weitere Eindrücke römischer Zeit.
Laurin Leonard