Kulturspiele des Abilymp 2022
„Was machen denn die ganzen Götter hier?”, wunderte sich Michael Metzing, Conférencier und
Organisator der „Kulturspiele des Abilymp”, am 3. März 2022, als er mit Co-Moderatorin Svenja
Geis auf der Bühne des BCGK-Klangraums stand und ins Auditorium blickte. Dort saß eine kleine,
ausgewählte Schar der Lehrkräfte seines Abiturjahrgangs, die coronahygienekonform auf Abstand
und hinter Masken das Publikum abgaben für den alljährlichen Kulturabend der Abiturientia. Kein
großes Publikum diesmal, aber dennoch ein großer Abend voller unerwarteter Höhepunkte.
Den Reigen der Top-Darbietungen begannen Annalena Münster und Luca Stein im Duett am
Flügel. Was Bella&Lucas auf YouTube können, können wir schon lange, schienen sich die beiden
gedacht zu haben, und präsentierten der verzauberten Hörerschaft ein Medley der schönsten
Melodien aus „The Greatest Showman”, dem Musical von Michael Gracey, das eine Biographie des
Zirkuspioniers P. T. Barnum mit Hugh Jackman in der Hauptrolle verfilmt hat. Dynamisch variabel,
harmonisch bei aller Flinkheit in den Fingern ein anspruchsvolles Musikstück – und von den beiden
perfekt „performed”.
Nachdem sich die Finger schon warm getanzt hatten, kamen nun die Körper zum Zug. Der
Sportkurs von Frau Schmitt hatte eine mitreißende Aerobic-Choreo auf die Beine gestellt und
brachte mit verschiedenen Partyhits sogar die Ü-Sechziger im Publikum zum mitgrooven. Ein
kleines Bonbon mittendrin präsentierte Linus, der – politisch korrekt – beim schneidigen Ra-Ra-
Rasputin-Russenmilitärmarsch ein kleines bisschen off-beat tanzte und damit ein feinsinniges
Friedensstatement gegen die momentane Weltaufrüstung setzte. Eine herzliche Geste war es, dass
erkrankte Mitglieder der Truppe als Fotos mittanzten.
Den stimmlichen Höhepunkt des Abends setzte Julia Gärtner, begleitet von Luca Stein am Klavier,
mit dem Coldplay-Titel „Fix You”. „Lights will guide you home And ignite your bones And I will
try to fix you” heißt es dort im Refrain. Während Chris Martins eher knödeliges Falsett den Text zu
einem unglaubwürdigen Versprechen macht, gab Julias Stimme dem Song Wärme und Tiefe und
schenkte damit ihren Zuhörer*innen einen musikalischen Schmeichelstein. Sie setzte damit auch für
ihren Jahrgang, der durch die Pandemie und den dadurch hervorgerufenen Lebensängsten doch
stark betroffen war, ein wichtiges Zeichen der Zuversicht.
Dass ein starkes Statement aber auch eigentlich gar keine Worte braucht, zeigten Wiebke Knopp
und Johanna Scherhag mit ihrer Modern Dance – Darbietung. Sie hatten zu der von Benj Pasek und
Justin Paul komponierten Filmmusik zu „Dear Evan Hansen” von Val Emmich und Steven
Levenson eine Choreographie entworfen und das Thema des Musicals „Dazugehören” als Pas de
deux getanzt. Der lesenswerte Roman erzählt die Geschichte des Außenseiters Evan Hansen, der in
tagebuchartigen Briefen an sich selbst seine heimlichen Gedanken niederschreibt. Einer dieser
Briefe wird vom Mobber Connor gestohlen. Als dieser zu Tode kommt, erscheint Evan als dessen
vertrautester Freund, was plötzlich gesellschaftliche Anerkennung einbringt. Wie die beiden
Mädchen, die zu den „stillen Wassern” des Jahrgangs zählen, in vollkommener Anmut die
Geschichte in fließende Bewegung umsetzten, war schön.
Nach einer kleinen Maskenpause trugen Elly Dürkoop und Lena Rosenberg ein an Willi Astors
Wortjonglage orientiertes Märchen vor. Darin ließen sie die Götter Atalanta und Herkules durchs
BCGK streifen auf der Suche nach dem Monster, dass Pandemie, Bürobrand und andere
Katastrophen über den Jahrgang gebracht hatte. Natürlich war die Geschichte gespickt mit den
Namen der Lehrerschaft an völlig unerwarteten Stellen und in unabsehbaren Zusammenhängen
(„Sie verloren einige GILLES an Gewicht”). Am Ende erwies sich das Monster aber als lieblich
REIZend lächelnd”).
Der Abichor unter der Leitung von Herrn Hartleif glänzte durch seine fast schon wuchtigen
Männerstimmen und witzige Performance-Ideen. Mit „You Are Mine” von David Haas gab es 1A-
Katholiken-Pop zur Seelenstärkung für Hoffnungslose. Und Michael Jacksons „Change the World”
wurde zünftig mit Hütchen und Glitzer glamourös abgeliefert. Wer nur ein bisschen von Chormusik
in Coronazeiten versteht, weiß, wie viel Herzblut und Tollkühnheit alle in dieses Projekt gesteckt
haben und wie grandios das Ergebnis letztlich war.
Für den Spanisch-Kurs von Frau Schlüter bauten sogar die Schulleiter Herr Reitz und Herr Höffling
eine Cheerleading-Pyramide, und sei es auch nur, um den Beamer in vier Meter Höhe anzustellen.
Der Tanzfilm des Kurses illustrierte den Titel „A Contracorriente” („Gegen den Strom”) von Alvaro
Soler und David Bisbal mit Szenen der Auflehnung stressgeplagter Schulklassen (Oscar-reif Herr
Orth jr. in seiner Rolle als Bootcamp-Schleifer!). Natürlich endete der Protest in fröhlichem Tanz
auf dem Klangraumdach.
Eine Zugabe konnte sich sogar am Schluss das Männerballett ertanzen. Die Jungs hatten
monatelang fleißig gepumpt, um makellose Götterkörper mit wohldefinierten Muskeln zu
präsentieren. Finja Lyding, Annalena Münster und Anna-Lena Alster hatten den Burschen dann
beigebracht, was sie damit anstellen konnten. Und so saßen Hüftschwung und Halswurf der
Haartolle perfekt. Am Ende gingen die Kerls sogar „einen heben” und zwar einen der ihren. Selbst
in Römertoga gelangen wirbelnde Hebefiguren und sogar der Spagat zwischen Ringkampf und
diversen (Doppeldeutigkeit gewollt!) Paartänzen gelang. Spaß muss sein, selbst wenn die
„Fassenaach” nach dem Aschermittwoch kommt! Aber so verrückt sind unsere Zeiten ja auch.
Und so hatte Herr Reitz recht, wenn er den dionysisch-apollinischen Abend auf den Parnass verlegt
und allen Darbietenden herzlich dankte. Ein Dank geht auch an das Technik-Team, bestehend aus
Simon Rudolf, Michael Schmengler, Michael Manner, Franz Hofmair und Noah Beller mit seinem
Vater und möglicherweise weiteren unsichtbaren Helfern, die Kabel verlegt, Scheinwerfer,
Mischpulte und Bühneelemente aufgebaut oder Kostüme genäht oder sonst gestiftet hatten. Für alle,
die draußen bleiben mussten, wird es den Film zum Abend demnächst zum Streamen geben.
Der Film zum Kulturabend wird am 12.03.2022 um 18:00 auf YouTube als Premiere veröffentlicht und bleibt bis zum 25.03.2022 online verfügbar.