„Auf alles waren wir vorbereitet, nur nicht auf betende Menschen mit Kerzen in den Händen.“
Endlich wieder Frühschicht und Gedenken an die Friedliche Revolution in der DDR
Bei allem Gesundheitsschutz muss es auch in Zeiten von Corona Momente geben, in denen wir Gemeinschaft erleben und zusammen beten können. Wie froh waren wir deshalb, am ersten Freitag im Oktober endlich wieder zu einer Frühschicht in der Schulkapelle zusammenkommen zu können! Einiges anders als sonst – Voranmeldung, Sitzen auf Stühlen und im Abstand, Masken beim Singen – aber trotzdem: Kerzenlicht, Gesang, Gebet, gute Gedanken und Gemeinschaft, eben das, was ganz wesentlich zu diesem Morgengebet um 7 Uhr vor Beginn des Unterrichts gehört. All das wurde wieder vorbereitet von einem Team umtriebiger Schülerinnen und Schüler aus den verschiedensten Klassen.
Und es war gut, den Tag vor dem 30. Jubiläum der Wiedervereinigung zu nutzen, um an die Menschen zu denken, die die friedliche Revolution in der DDR maßgeblich mit ermöglicht haben: Pfarrer Christian Führer von der Leipziger Nikolaikirche und viele andere, die durch jahrelange Friedensgebete den Funken zündeten, den es zum gewaltlosen Widerstand und zu friedlichen Protesten brauchte. So hörten wir aus einem Bericht von Pfarrer Führer, wie damals 70 000 Menschen die Seligpreisungen Jesu aus der Bergpredigt beim Wort nahmen und ohne Gewalt, nur mit Kerzen in den Händen, durch Leipzig zogen, obwohl die Staatsfunktionäre der DDR auf den umliegenden Dächern schon die Maschinengewehre in Stellung gebracht hatten. Geschossen wurde an diesem 9. Oktober 1989 in Leipzig dann nicht. „Ein Wunder biblischen Ausmaßes“ (O-Ton Christian Führer), von dem öfter geredet werden sollte. Ein Parteigenosse hat es damals selbst so formuliert: „Auf alles waren wir vorbereitet, nur nicht auf betende Menschen mit Kerzen in den Händen.“
Es tat auch gut, nach der Frühschicht noch zusammen zu bleiben und gemeinsam zu frühstücken. Das geht auch in der Kapelle, wo die Abstände stimmten und hygienisch geschmierte Brötchen mit größter Vorsicht verteilt werden können.
So kann es weitergehen: Die nächsten Frühschichten finden an den Freitagen im Advent statt.
Jetzt schon eine herzliche Einladung! Beatrix Mählmann