Aus der eigenen Blase des Alltags hinausfinden...
„Ein anderer Blick auf das Leben“, „miteinander und füreinander“, „lustig“, „hilfreich“, „voller Erfahrungen für das Leben“, „facettenreich“, „Augen öffnend“ – mit den genannten Schlagworten beendeten Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 den Satz „Das Sozialpraktikum war für mich...“. In diesem Jahr hatten die Schülerinnen und Schüler im Rahmen ihres Sozialpraktikums vom 03.02. bis zum 14.02.2020 die Möglichkeit, neue Erfahrungen in sozialen Einrichtungen aller Art zu sammeln. Ihre Interessen führten sie in integrative Kindergärten, Altenheime, Schulen für Beeinträchtigte, Wohn- und Arbeitseinrichtungen für Beeinträchtigte, Krankenhäuser, Hospize sowie Flüchtlingsheime.
Voller Vorfreude, aber auch mit etwas Skepsis, begannen die Schülerinnen und Schüler ihr Sozialpraktikum. Die anfänglichen Unsicherheiten legten sich laut der Erfahrungsberichte sehr schnell. Eine Schülerin, die eine Einrichtung für Beeinträchtigte besucht hatte, berichtete : „Ich wurde direkt am ersten Tag von allen umarmt“. Eine andere Schülerin wurde im Kindergarten ebenso mit offenen Armen empfangen.
Die Aufgabenbereiche in den verschiedenen Einrichtungen und Praktikumsplätzen waren unterschiedlich und vielfältig. Aber egal, ob in Altenheimen vorgelesen und gerätselt, in Kindergärten gespielt oder im Hospiz gekocht wurde, so merkten doch alle, wie sie durch Gespräche und andere Erfahrungen von den Menschen, mit denen sie in Kontakt kamen, lernten. Bei der Abschlussveranstaltung des Praktikums wollten die meisten Schülerinnen und Schüler gar nicht mehr aufhören, von prägenden Situationen, neuen Erkenntnissen und persönlichen Erfahrungen zu berichten, die ihre Sichtweise auf bestimmte Dinge veränderten.
Die Schülerinnen und Schüler, die ihr Praktikum im Krankenhaus absolviert hatten, lernten Menschen mit schweren Schicksalsschlägen kennen. Als besonders bewundernswert wurde hier die Freude über kleine Fortschritte und die positive Einstellung einiger Patienten betrachtet. Eine Schülerin sagte: „ Man sollte wertschätzen, was man hat !“
In Altenheimen machten die Schülerinnen und Schüler positive und negative Erfahrungen. Dabei fiel es ihnen oft sehr schwer zu sehen, wie die Bewohner um verstorbene Angehörige trauern oder verwirrt sind. Sie erkannten, dass es auch hilft, wenn man „ einfach da ist und den Menschen Aufmerksamkeit schenkt “. Auch hier wurden Menschen mit positiver Lebenseinstellung bewundert.
Die Schülerinnen und Schüler, die sich mit beeinträchtigten Menschen beschäftigt hatten, waren erstaunt und überwältigt von deren Herzlichkeit, Offenheit, Motivation und Lebensfreude. Sie berichteten, dass man sich auf gewisse Situationen einlassen müsse und manche Aufgaben auch schwierig sein könnten, aber man genau daran wachse. Eine Schülerin erklärte: „ Man lernt, jeden Menschen gleich zu behandeln“.
Praktika in integrativen Kindergärten und Grundschulen wurden als durchaus anstrengend, aber schön beschrieben. Von den Kindern lernten die Schülerinnen und Schüler, offen und vorurteilsfrei auf alle zuzugehen und sie erkannten, dass „man manchen Menschen helfen muss, damit sie die gleichen Chancen bekommen, wie andere “.
Im Hospiz gewannen Schüler und Schülerinnen eine neue Sichtweise auf das Leben und Sterben. Sie durften eine angenehme Atmosphäre erfahren und bewunderten den Humor und die Lebensfreude einiger Menschen. „ Genieße dein Leben “ lautete hier die Botschaft.
Die meisten Schülerinnen und Schüler konnten in ihrem Praktikum ihre Perspektiven verändern und möchten in Zukunft auch ihr Verhalten ändern. Sie haben Berührungsängste abgelegt und werden nun „ offener und vorurteilsfreier handeln und denken “, „ einfach auf Menschen zugehen “ und das Leben und die eigene Situation wertschätzen.
Insgesamt wurde das Sozialpraktikum als sehr positiv und sinnvoll empfunden. Ein Schüler fasste zusammen: „ Im Praktikum war man nicht wie im Alltag in der eigenen Blase gefangen, man konnte ganz Neues lernen “.
Da die Abschlussveranstaltung in diesem Jahr auf Grund der Winterferien ausnahmsweise am Abend des vorletzten Praktikumstags stattgefunden hat, konnten sich die Schüler und Schülerinnen auf ihren letzten Praktikumstag freuen. Einige waren jedoch schon traurig, sich von den Menschen dort verabschieden zu müssen und wollten das Praktikum am liebsten verlängern. Ein Schüler wagte die These, das Praktikum sei fast schon sinnvoller als Schule.
Lena Rosenberg (MSS 11)