Der Kultur- und Literaturabend der Abiturienten 2018
Als Schulleiter Carl Josef Reitz zum Schlusswort des Abends auf die Bühne trat und seinen Dank an die Aufführenden aussprach, war das Publikum mit ihm einer Meinung: Dies war einer der besten Kultur- und Musikabende, die die Schule je gesehen hat.
Das lag zunächst an den Moderatoren des Abends. Max Aschenbrenner und Dario Weins eröffneten den Abend in echter Entertainer-Manier singend im eleganten schwarzen Zwirn mit John Kanders und Fritz Ebbs „Willkommen! Bien venue! Welcome!” aus dem Musical „Cabaret” und legten damit die Latte schon mal ziemlich hoch. Charmant, quirlig und witzig führten sie durchs Programm und nahmen dadurch den Akteuren einiges an Lampenfieber und stimmten das Publikum freundlich.
Dann lag es am Abichor. Wolfram Hartleif hat schon vielfach gezeigt, dass er aus selbst trötenden Gieskannen intonationssichere Chorsänger machen kann. Sein diesjähriger Abichor konnte aber auf schon chorerfahrene Sänger und Sängerinnen zurückgreifen, die schon bei den Akademiekonzerten der letzten drei Jahre auf der Bühne schwierigste Musik gemeistert hatten. Ach, wie wird Herr Rivinius besonders die Jungs vermissen, die in diesem Chor sich endlich mal hörbar zu singen trauten! Ob Aviciis Discohit „Hey Brother”, J. Garretts Ballade „I Dreamed of Rain”, Coldplays Hit „Everglow” oder J. Nashs Reggae-Hymne „I Can See Clearly Now” - die rund vierzig Sängerinnen und Sänger meisterten ihr Programm grandios. Und als man glaubte, es gehe nicht mehr besser, hauten die Chorsolisten noch eine A-capella-Fun-Version von „Some Nights” heraus, mit der sich der Jahrgang endgültig die standing ovations verdiente.
Genauso tonsicher und frisch spielte die Abiband auf. Greendays „21 Guns” am Anfang hätte vielleicht noch ein etwas ausführlicherer Soundcheck gut getan, denn nicht alle Instrumente und Sänger kamen gleich laut beim Publikum an, Aber Herr Marker und Max Eisner an der Tonanlage hatten schnell die verschobenen Regler wieder an der richtigen Stelle, so dass Max und Dario, später dann Pia Niekerken als Frontleute ihren Job richtig gut machen konnten. Pias Version von Ed Sheerans „Hobbit”-Hit „I See Fire” brachte in ihrer tonsicheren Brüchigkeit Gänsehautgefühl ‘rüber. Der Supremes-Hit „You Can‘t Hurry Love”, auch von Phil Collins bekannt, ließ dagegen pure Lebensfreude aufkommen, vor allem, weil Darios Tenor und die Falsettstimme von Max mit Pias Sopran den dreistimmigen Original Blue-Note-Style erinnern ließen.
Die begeisternden Solistenbeiträge taten musikalisch ihr Übriges für den Ohrenschmaus. Das Mädchenquartett Theresia Eicher, Antonia Fresenius, Johanna Hofmeir, und Margareta Rembeck glänzte lieblich mit F. Mendelssohn-Bartholdys „Hebe deine Augen auf” aus dem „Elias”. Johannes Fritz und Paul Drüke nahmen das Publikum mit in die Zeit der Stummfilme mit drei Jazzstücken. Theresia Eichers Filmmedley unterlegte das eigene Violinenspiel mit den Sound-Backing-Tracks neuerer Streifen wie „Star Wars”, „Harry Potter”, „James Bond” und „Herr der Ringe”. Lea Becker-Stingl tanzte in anmutiger Eleganz eine eigens entwickelte Ballettchoreographie zu dem Erfolgslied „Little Do You Know”, das die Abiband mit Pia und Dario in den Rollen der amerikanischen X-Faktor-Gewinner Alex und Sierra live spielte. Dadurch brachte sie eine selten zu sehende Kulturfacette in das Programm ein. Die Virtuosenkrone des Abends setzten sich aber Margareta Rembeck mit ihrer wunderschön fließend und dynamisch auf die Flügeltasten gezauberte Version von Debussys „1ére Arabesque” und Lukas Klemmer mit dem Gruselstück „Usher Valse” von N. Koshkin auf der klassischen Gitarre auf. Lukas ließ Poes berühmte Schauergeschichte auf den sechs Saiten seines Instrumentes in Staunen erregender Geschwindigkeit und Griffsicherheit klanglich entstehen. Der Kontrast zur folgenden Alpenrock-Banausenhymne „Hulabalu” von Gabalier konnte intellektuell nicht größer sein.
Sprachlich bot der Abend eine Palette von witzig über makaber bis besinnlich. Hannah Gemmel eröffnete den literarischen Reigen mit einer Krimi-Kurzgeschichte, in der sie in bester Willy-Astor-Manier über vierzig Namen des Kollegiums einbaute und bewirkte, dass der Saal sich gleich zu Anfang kugelte. Lena Adams – ab heute wohl umgetauft in Stephanie König (!)- Geschichte „Der Gläubige” zeigte einen psychopathischen Religionsfanatiker, der einer ermordeten Dame des liegenden Gewerbes endgültig die Augen öffnet. Wie? Hier greift der Jugendschutz. Kathrin Rünz, Tabea Hebgen und Marie Hirsch dagegen widmeten sich dem „carpe diem”, dem „vanitas” und dem „memento mori” barocker Gedankenlyrik und stellten dem eigene Poetry Slam-Texte entgegen, in denen sie den Sinnfragen der eigenen Generation nachgingen. Besonders Maries Kurzgeschichte, die sich aus der Sicht der älteren Schwester eines kleinen jüdischen Jungen zur Zeit der Reichspogromnacht mit den Zerstörungen und Ausgrenzungen des nationalsozialistischen Regimes auseinandersetzte, berührte tief und gipfelte in der Erkenntnis: „Du musst nicht jeden lieben, hassen aber darfst du niemanden.” In einer kleinen Spielszene fand zudem ein Rückblick auf die Abiturientenakademie statt und stellte (O-Ton Herr Reitz) eine „grandiose literarische Leistung und eine gedankentiefe Auseinandersetzung mit dem Thema Leid und Glaube” dar.
Da das Auge bekanntlich mitisst, gab es auch viel zu sehen, und der Jahrgang, besonders Philipp Mohr, zeigte mit Filmen und Theatercollagen der Sprachen-LK weitere Facetten seiner Bildung für das ganze Leben. Am witzigsten gelungen war dabei das genial geschnittene und produzierte Musikvideo zu „Volar” von Alvaro Soler, das den Liedtext auf Dutzenden von Zetteln bot, die in allen möglichen Schulsituationen von Jungentoilette bis Direktorenbüro auftauchten. Beeindruckend auch die literarische Collage des Englischen Theaters. In diesem Block bildete das karnevalistisch-akrobatische Männerballett, das den Cheerleadern einige Figuren bis hin zum Spagat im dritten Stock abgeschaut hatte.
Fazit des Abends: So gut wie der die Veranstaltung begleitende Sekt und Wein, den die Gülser Blüten- und Weinkönigin Alica Kadenbach präsentierte: das Bukett reich an fruchtigen wie an mineralischen Noten, halbtrocken, halb spritzig frisch beim ersten Schluck mit langem Nachhall.
Ein Dank gilt den unsichtbaren Unterstützern: der Putzcrew, die den am Morgen noch winterlich gesalzenen und dreckstarrenden Fluren den gleichen Glanz gegeben haben wie die Schüler ihrem Programm; den Hausmeistern, die in harter Arbeit die Funktionalität und Gastlichkeit des Raums gewährleistet haben; der Catering-Gruppe der 12er, den unterstützenden Eltern und den Kollegen, die gemeinsam auf ihre Erziehungs- und Bildungsarbeit stolz sein durften.
Peter Markovic